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Die Auswanderer Familie Kohler aus Schnepfau im Bregenzerwald


Stellvertretend für alle Auswanderer aus dem Bregenzerwald habe ich diesen Blog zusammen gestellt. Ich wollte untersuchen, warum diese Menschen damals die Heimat verliessen, unendlich viele Strapazen auf sich nahmen und wie es ihnen in der neuen Welt ergangen ist.


 

Die Familie Johann Michael Kohler.


Johann Michael Kohler kam 1805 in Schnepfau/Hirschau zur Welt.


Johann Michael Kohler stammt aus einer armen Familie. In der ersten Hälfe des

19. Jahrhunderts ginge vielen Bauernbuben in die Schweiz um das aufkommenden Fettkäsen zu lernen. Zuvor kannte man im Bregenerzwald nur Mager- und Sauerkäse.

So auch Kohler.


Johann Michael Kohler aus Schnepfau.


Durch Fleiß und Betriebsamkeit brachte es Kohler zum Meisterkäser. Er konnte mit seinem ersparten Vermögen, das Gashaus zur Krone in Schnepfau mit einer ziemlich großen Landwirtschaft kaufen.


Das Gasthaus zur Krone um 1900.


1838 heiratete Kohler Maria Anna Moosbrugger aus dem Gasthaus Rössle in Schoppernau (geb. 1816). Die Familie wuchs schnell und 8 Kinder erblickten das Licht der Welt.


Johann Michael Kohler und seine Gattin Maria Anna Moosbrugger.



Das Gasthaus zum Rössle ganz links um 1910.


Das Gasthaus Rössle in Schoppernau um 1950.


 

Der Schoppernauer Stukkateur Kaspar Moosbrugger vom Rössle in Schoppernau gehörte zu den ganz frühen Auswanderern in Vorarlberg. Auf Saisonarbeit in Frankreich schloss er sich 1844 einem Bautrupp eines französischen Meisters an, der die Ausstattung der Kathedrale von Montreal, Kanada übernommen hatte.


Kaspar Moosbrugger war ein Bruder von Maria Anna Moosbrugger, der Frau von Kohler.


Er vereinbarte mit Kohler von Amerika zu berichten, da Kohler auch mit dem Gedanken spielte, auszuwandern.


In Montreal heiratete er 1848 eine Frankokanadierin und das Paar ließ sich in der Nähe von Chicago nieder. Da es der Gattin Elmire dort nicht gefiel, zog die Familie 1850 nach Little Canada, im Norden von St. Paul, Minnesota. Die Moosbruggers waren eine der ersten Siedler im Territorium von Minnesota.


Kaspar Moosbrugger aus Schoppernau.


Im neuen Territorium Minnesota wurde das Land in Quadraten zu 64 ha. zugeteilt, die ganz, halbiert oder geviertelt erworben werden konnten.


Moosbrugger hatte ein halbes Quadrat erworben und in Absprache (Briefwechsel) mit seinem Schwager Kohler reservierte er daneben ein Quadrat für ihn.


 

Im Mai 1853 verstarb Frau Maria Anna Kohler mit 36 Jahren.


 

Im November 1853 heiratete Kohler die aus Mellau stammende Haushälterin Theresia Natter (geb. 1828).

Sie stammte aus dem heutigen Haus der Familie Martin Bertsch in Mellau, Oberfeld 103.


Haus Oberfeld 103 in den 1950er Jahren.

 

Bregenzer Wochenblatt 12.7.1853



 

Eine Reisbericht über das 'gelobte Land' Amerika.


Die Presse 8.2.1854


 

Ein neues, sehr ertragreiches Geschäft für die Reedereien. Über Liverpool sind 1854 mehr als 350.000 Menschen in die neue Welt aufgebrochen.



 

Gründe für die Auswanderung aus der Heimat im 19. Jahrhundert.


Laut Historiker Prof. Dr. Meinrad Pichler gab es mehrere Gründe.

Ab 1850 grassierte das Amerikafieber im Habsburger Reich besonders in den Textilhochburgen Böhmen und Vorarlberg. Schuld war die beginnende Industrialisierung der Textilindustrie. Bisher wurde das in Vorarlberg hauptsächlich in Heimarbeit erledigt. Dadurch wurde auch die Landwirtschaft vernachlässigt. Diese Tatsache und Missernten führten ab 1840 zu Hungersnöten in unserer Region. Bis 1880 verzeichneten Böhmen und Vorarlberg im Habsburger Reich die meisten Auswanderungen.


Nach den Franzosenkriegen von 1818 stieg bis 1848 die Vorarlberger Bevölkerung wegen der Textilheimarbeit von 82.000 auf 106.000 Einwohner. Auch das führte zu einer Lebensmittelknappheit.


Durch die Industrialisierung in der Textilindustrie wurden hauptsächlich Frauen eingestellt, da diese viel billiger waren. Bei vielen Tiefbauprojekten kamen bereits viele ausländische Arbeitskräfte zum Einsatz. Dies führte zu Arbeitslosigkeit unter den Männern.


Viele Auswanderer stammten aus dem kleinbäuerlich-gewerblichen Mischmilieu.


Für eine Auswanderung sprach zu dieser Zeit das sogenannte 'Push and Pull' Syndrom dafür. (drücken und ziehen). Die Armut hat gedrückt und die Hoffnung auf bessere Zeiten in der neuen Welt hat gezogen.


In der Heimat hatte man nichts oder wenig zu verlieren und die neue Welt lockte. Auf gut wälderisch 'As ka bloß no bessr werdo'.



Zwischen 1850 und 1938 sind aus dem Gebiet des heutigen österreichischen Bundeslandes Vorarlberg etwa 5.000 Männer, Frauen und Kinder in die Vereinigten Staaten von Amerika ausgewandert. Zumeist waren es Menschen aus den unteren Schichten der Sozialpyramide.


 

Die Werbekampagnen der Auswanderungagenturen waren bis 1867 ohne staatliche Erlaubnis in Österreich verboten. Für Vorarlberg wurden solche Inserate meist von namenlosen Schweizer Agenturen in Auftrag gegeben.


Innsbrucker Nachrichten 1.4.1852


Die meisten Vorarlberger Auswanderer nahmen diese Route nach Le Havre, Frankreich und dann nach New York.


 

Johann Michael Kohler fand mit seinem Gasthaus und der Landwirtschaft ein gutes Auskommen. Aber Kohler war vielbelesen und wurde von der Freiheitsluft der Schweiz soweit angehaucht, dass ihm die damalige politische Situation in Österreich nicht behagte.


Er verkaufte sein gesamtes Anwesen in Schnepfau. Es ist zu lesen, dass Kohler Schnepfau mit großer Begeisterung verließ.


Johann Michael Kohler wanderte mit seiner zweiten Frau Theresia und den fünf Kindern


Jodok geb.1838

Kaspar geb.1941

Theresia geb.1842

Johann Michael geb. 1844

Maria geb. 1850


und den zwei Schwägern Josef und Johann Baptist Natter aus Mellau


im Mai Jahr 1854 nach Amerika aus.


Drei Töchter waren alle im Baby Alter verstorben:

Maria Rosa Kohler geb. 1846, verstorben 1847

Maria Christina Kohler geb. 1847, verstorben 1848

Maria Anna Kohler geb. 1849, verstorben vermutlich im 1. Lebensjahr


Alle 8 Kinder wurden nachweislich in Schnepfau getauft.


Theresia Kohler war bei der Abreise im vermutlich 5. Monat schwanger.

 

Die Reise nach Le Havre, Frankreich dauerte damals 4 Tage.


Auf jeden Fall gab es 1854 noch keinen Postkutschenverkehr im Bregenerzwald nach Bregenz. Man musste sich also von Familienangehörigen, Nachbarn oder Bekannten mit dem Pferdefuhrwerk nach Bregenz bringen lassen.


Von dort ging es weiter mit dem Dampfschiff über den Bodensee nach Konstanz.


Ein typisches Bodensee Dampfschiff aus dieser Zeit vor dem Schloss Montfort in Langenargen.


Ab Konstanz ging es mit dem Postkutschen Stellwagen nach St. Louis im Elsass.



Ab 1853 gab es eine Eisenbahnlinie mit 4 mal umsteigen von St. Louis bis nach Rouen. Die Eisenbahnfahrt fand auf offenen Waggons statt.



Das letzte Stück von Rouen bis Le Havre wurde wieder mit der Postkutsche zurück gelegt.

Obwohl all-inclusive Packages verkauft wurden, ist zu lesen, dass den Leuten oft schon bis Le Havre das Geld ausgegangen sei.


 

Österreichisches Bürgerblatt für Verstand, Herz und gute Laune 27.10.1854


 

Die Überfahrt von Le Havre, Frankreich nach New York City dauerte für die Familie Kohler auf der dem 3 Master Paketschiff 'Regulator' 54 Tage.


Eine Anmerkung noch zu den Schiffen. Bis um 1855 wurde nur Segelschiffe für das Trans- Atlantik Service benutzt. Dieses Schiffe brauchten zwischen 40 und 90 Tagen. Ab 1855 gab es dann dampfbetriebenen Schaufelantriebe, kombiniert mit Segeln, die die Überfahrt in 14 Tagen schafften. Erst ab 1880 gab es dampfbetriebene Propeller Antriebe. Diese Schiffe fuhren in 7 - 10 Tagen über den Atlantik.


Ein rares Bild eines Dreimaster Paketschiffes Le Havre - New York.



Die Zustände an Bord waren nicht gerade ideal. Die Schiffe wurden meist hoffnungslos mit Passagieren überladen. Bei längeren Windflauten ging der Besatzung und den Passagieren der Proviant aus und das Trinkwasser wurde knapp. Oft stahlen die Besatzungsmitglieder die Habseligkeiten der Auswanderer. Es gab natürlich keinerlei Rettungsboote und gegen Seekrankheit musste man eine Flasche Essig mitführen?


Etwa so hatte es damals auf dem Zwischendeck der Trans-Atlantik Liner ausgesehen.


Die Lebensmittel und das Kochgeschirr für die Überfahrt musste die Familie Kohler mitbringen. Holz zum Kochen wurde bereitgestellt.



Laut Überlieferung soll in einem starken Sturm der Kapitän angeordnet haben, dass alle Männer an Deck helfen müssen. Kohler habe dies verweigert mit der Begründung, dass in seinem Vertrag nicht stünde, dass er arbeiten müsse. Nachdem der Kapitän ihm gedroht habe, ihn über Bord werfen zu lassen, habe er widerwillig gehorcht.


Die Familie Kohler erreichte New York City im Juli 1854.


 

Ab 1855 hatte man die Immigranten durch das Landungsdepot in Castle Garden an der Südspitze Manhattans geschleust.


Zuvor gingen die Einwanderer an verschieden Plätzen in New York City an Land. Wo die Familie Kohler amerikanischen Boden betreten hat, ist nicht dokumentiert.


Castle Clinton (Castle Garden) um 1855.


Ab 1892 wurden dann die Einwanderer auf Ellis Island abgefertigt.


Die Freiheitsstatue hatte man übrigens erst 1886 eingeweiht und war zu dieser Zeit noch nicht einmal geplant.

 

Das Ziel der Familie Kohler war klar.

St. Paul, Minnesota zu Schwager Kaspar Moosbrugger und seiner Frau.

Die englische Sprache sollte keine allzu grosses Problem darstellen. In den Siedlungsgebieten in Minnesota sprachen damals mehr Einwohner Deutsch wie Englisch.


Laut historischen Berichten sind die Kohlers auf der folgenden Route nach Minnesota gelangt:


Mit der neuen Eisenbahn ging es bis nach Chicago, Illinois.

Die Kohlers hatten Glück. Die durchgehende Eisenbahn New York City - Chicago mit 4 mal umsteigen wurde ein Jahr zuvor (1853) in Betriebe genommen. Die USA haben bis heute ein rein privates Eisenbahnnetz.


Laut Überlieferung machten die Kohlers einen Halt in Galesburg, Illinois. Dort gab es eine deutsche Siedlung. Ich vermute, dass Kohler's hochschwangere Frau sich einfach erholen musste.


Es gibt auch Überlieferungen, nachdem die Kohlers den Halt in Galena, Illinois machten.



Die Strecke von Chicago nach Galesburg oder Galena hat man vermutlich mit der Postkutsche zurück gelegt.




Von Galesburg , Illinois war es nicht mehr allzu weit zum Mississippi Hafen in Davenport, Iowa.

Von Galena, Illionois sind sie vermutlich in Dubuque, Iowa eingeschifft.



Mit dem Dampfschiff konnte man bis nach St. Paul, Minnesota gelangen.


Im Hafen von St. Paul 1858.


 

Die Kohlers erreichten St. Paul am 3. August 1854.


Eigentlich hatte sich Johann Kaspar Moosbrugger auf seine Schwester gefreut.

Nun erfuhr er, dass seine Schwester im vorigen Jahr verstorben war. Wie Kohler's zweite Frau Theresia aufgenommen wurde, ist nicht dokumentiert.


Die Familie Kohler wohnte in einem Doppelhaus zusammen mit Kaspar Moosbrugger im Gebiet Little Canada in St. Paul.

Saint Paul hatte damals 4.500 Einwohner. Heute zählt die Twin-City Minneapolis/St. Paul

2.8 Mio. Menschen.



Kohler kaufte nun das Quadrat Land neben seinem Schwager und begann dieses für die Milchwirtschaft zu kultivieren. Es entstand bald eine Milchlandwirtschaft mit der die Familie ein Auskommen fand.


Johann Michael Kohler zeugte mit seiner zweiten Frau Theresia noch einmal 9 Kinder.

Die älteste Tochter Maria Anna kam kurz nach der Ankunft in Minnesota zur Welt.


Kohler war immerhin schon 50 Jahre alt, als der Kindersegen mit der 2. Frau Maria Theresia los ging.

 

Innsbrucker Nachrichten 27.1.1855


 

Zur Zeit als die Kohlers sich in Minnesota niederliessen, gab es dort noch mehr Indianer wie Siedler.

Eines Tages besuchten Indianer die Familie Kohler. Sie waren total fasziniert, als man ihnen die Pendeluhr in der Stube zeigte. Als gute Bregenzerwälder Gastgeber habe man den Indianern Käse angeboten. Sie hätten den Käse ausgespuckt und seien nie wieder gekommen.


Johann Michael Kohler soll ein sehr strenger Mann gewesen sein. Der Sohn Johann Michael soll des öfteren durch das Fenster das Haus verlassen und bei Onkel Kaspar durch das Fenster eingestiegen sein.


 

1860 erhielt die Familie Kohler die amerikanische Staatsbürgerschaft.


Kohler und Moosbrugger liessen für ihre insgesamt 24 Kinder den Lehrer Josef Anton Moosbrugger aus Au nachkommen. Obwohl alle Kinder in englischer Sprachen erzogen wurden, oblag dem Lehrer hauptsächlich die musikalische Ausbildung.


Die Kohler und Moosbrugger Kinder haben im wilden Nordwesten musikalische Pionierarbeit geleistet. Nahezu alle Töchter waren in den umliegenden Kirchen Organistinnen. Albert Kohler war ein bekannter Geigenspieler und Johann Michael jun. ließ sich später in Sheboygan, Wisconsin ein Opernhaus bauen.

 

Die politische Lage in Amerika zur Zeit der Einwanderer.


Das Territorium Minnesota wurde 1849 den Vereinigten Staaten angegliedert und wurde am

11.5.1858 der 32. Bundesstaat der Vereinigten Staaten.


Nun wurde aus Little Canada die Gemeinde White Bear. Kaspar Moosbrugger saß im neuen Gemeinderat als erster Rat.


Heute gibt es noch eine Kohler und eine Moosbrugger Road in White Bear.


1860 wurde Abraham Lincoln zum amerikanischen Präsidenten gewählt. Er wollte die Sklaverei im Süden abschaffen. Darauf hin haben sich die Südstaaten (in Rot dargestellt) von den Vereinigten Staaten abgespaltet und bildeten eine Föderation. Es folgte ein Sezessionskrieg (Abspaltung) von 1861 bis 1865.


Der mittlere Westen (in Schwarz dargestellt) gehört der Union noch nicht an. Diese Gegend wurde hauptsächlich in den nächsten 20 Jahren besiedelt.


Die Aufenthaltsorte der Familie Kohler in den Bundesstaaten Illinois, Minnesota und Wisconsin gehörten 1954 schon den Vereinigten Staaten an. Die Ureinwohner (Indianer) wurden mehr und mehr in den Westen abgedrängt und das freie Land war für die Siedler bereit.


Ob Johann Michael Kohler sen. in den Bürgerkrieg musste, ist nicht bekannt.


Antwort von Prof. Dr. Günter Bischof, Mellau, Dozent an der University of New Orleans für amerikanische Geschichte:

Es kommt wohl darauf an ob Kohler 1860/1 bereits ein US Staatbürger war, dann hätte er einrücken müssen (es sei denn die Familie hatte bezahlt um einen Ersatz zu schicken — das konnte man arrangieren. Viele der Soldaten haben sich für den Krieg auch freiwillig gemeldet (je wie patriotisch sie waren…)


 

Johann Michael Kohler jun, jetzt John Michael Kohler II genannt, ging 1862 nach Chicago. Er bildete sich abends am Dyhrenfurth College fort und verdiente seinen Lebensunterhalt als Auslieferungsfahrer, später als Angestellter und von 1865 bis 1868 als Verkäufer in Chicago. Daraufhin nahm er eine Stellung als Handelsvertreter bei einem Lebensmittelgroßhändler an. Ein Jahr später wechselte er zu einem Möbeleinrichtungshaus und war dort in gleicher Funktion bis 1871 tätig.



Das Vaterland 27.9.1864


 

Wiener Zeitung 2.4.1870


 

In Sheboygan, Wisconsin, 56 Meilen nördlich von Milwaukee am Lake Michigan lernte Kohler durch seine wiederholten Vertreterbesuche Lillie Vollrath (1848–1883), die Tochter des örtlichen Eisen- und Stahlindustriellen Jacob Vollrath (1824–1898) kennen und heiratete sie 1871. Jacob Vollrath war ebenfalls Aussiedler und kam aus Dörrebach bei Stromberg im Hunsrück (damals linksrheinische preußischen Rheinprovinz), wo er den Handel mit schmiedbarem Gusseisen (Puddeleisen) gelernt hatte.


Die Stadt Sheboygan am Michigan See (roter Punkt).



Der Schwiegervater Jacob Vollrath war zu dieser Zeit der reichste Bürger der 40.000 Einwohner zählenden Stadt Sheboygan.


Jacob Vollrath kam 1845 nach Amerika.



 

Kurz nach seiner Heirat arbeitete Kohler zusätzlich in einer kleinen Maschinenfabrik mit Gießerei namens Sheboygan Union Iron and Steel Foundry, an der sein Schwiegervater Teilhaber war und die landwirtschaftliche Geräte (Pflugscharen), Gussröhren, Kessel, Kochherde und Windmühlen herstellte.


 

John Michael Kohler II (Bildmitte) zu Besuch bei Onkel Kaspar vor dem Farmhaus in White Bear, Minnesota.

v. l. die Söhne Anthony, Frank mit Tochter Evangelia, Elmire und Kaspar Moosbrugger, die Söhne Albert und Joseph.


John Michael Kohler II zeugte mit seiner Frau Lillie 6 Kinder.



 

Am 3. 12. 1873 während des großen Börsenkrachs kaufte er mit seinem Partner Charles Silberzahn das Unternehmen seinem Schwiegervater ab und nannte es Kohler & Silberzahn.


Kohler & Silberzahn beschäftigte damals 21, hauptsächlich deutschsprachige Immigranten.



Nach dem Börsenkrach kam eine 5 Jahre dauernde Flaute. Viele Firmen und auch Landwirte gingen damals bankrott. Irgendwie gelang es Kohler seine Firma über Wasser zu halten. Oft musste er für verkaufte Waren Naturalien statt Dollars annehmen. Es ist anzunehmen, dass er mit diesen Gütern die Arbeiter damals bezahlte.

 

1874 verstarb Vater Johann Michael Kohler in Minnesota.


Er ging in die Geschichte als der Tyroler Käsemann ein. Er und seine Nachkommen wurden zum namhaften Milchprodukte Hersteller in Minnesota. Ausserdem verkauften sie Heu und Holz.


Einer der Kohler Eissalons in Minnesota in den 30er Jahren. Hier wurden Kohler Icecreams und Milkshakes angeboten.



Nach 135 Jahren verkauften die Kohler Nachkommen in Minnesota die letzte der Siedlungsfarmen aus der Gründerzeit 1989 an einen Immobilienmakler.


 

Silberzahn verkaufte seinen Minderheitsanteil 1878 an zwei Angestellte Herman Hayssen und John Stehn worauf die Unternehmung Kohler, Hayssen & Stehn Manufacturing Company entstand.


Die Kohler-Fabrik brannte 1880 bis auf die Grundmauern nieder. Sie wurde an anderer Stelle in Sheboygan neu aufgebaut und um eine Emaillierwerkstätte erweitert.


Die neue Fabrik um 1882.



Mit Facharbeiters aus Böhmen und Österreich wurde emaillierte Eisenartikel immer mehr zum Verkaufsschlager.


 

John Michael Kohler II.



Dieses Gegend war sehr begünstigt für die metallverarbeitenden Betriebe, da es genügend Holz und Sand gab. Der Transport von Rohmaterialen und Fertigwaren per Schiff über den Lake Michigan war nahezu ideal.


 

Feldkircher Nachrichten 14.2.1883


Der Schnelldampfer Elbe des Norddeutschen Lloyds schaffte die Überfahrt in 9 Tagen.



Dieser Dampfer brachte Kohler neue Facharbeiter aus der Heimat.

 

Im Jahre 1883 montierte Kohler ornamental gestaltete Füße unter einen gusseisernen emaillierten Wassertrog (Pferdetränke) und verkaufte die Konstruktion als Badewanne. Damit war das erste von vielen Kohler-Sanitärprodukten geschaffen. Der Geschäftserfolg zwang ihn, den Betrieb immer wieder zu vergrößern.



Als nächster Schritt begann Kohler mit österreichischen und böhmischen Fachleuten emaillierte Töpfe, Becken und Badewannen herzustellen. Neben den landwirtschaflichen Geräten wurden jetzt mehr und mehr Sanitärartikel wie Badewannen, Wasserhähne und dergleichen erzeugt.


Prospekt aus dem Jahr 1883.


 

Vier Jahre später machte das Unternehmen mit seinen mittlerweile 125 Mitarbeitern mehr als zwei Drittel des Geschäftsumsatzes mit Sanitär- und Emailleprodukten und stellte in hoher Stückzahl emaillierte Badezimmer- und Kücheneinrichtungen her.


 

1883 verstarb Kohler's Frau Lillie mit 35 Jahren.


 

Jakob Kopf aus Au war über viele Jahre Betriebsfotograf der Firma Kohler.


Kohler baute ein landesweites Vertriebssystem auf, das ausschließlich Kohler Produkte verkaufte.


 

1887 heiratete Kohler die Schwester seiner verstorbenen Frau, Wilhelmina Vollrath. Aus dieser Ehe entstammte 1891 Sohn Herbert Vollrath Kohler.


Der Familien Sitz der Familie Kohler in Sheboygan, der heute das kulturelle Zentrum beherbergt.


 

1892 wurde Kohler zum Bürgermeister von Sheboygan gewählt. Er setzte besonders kulturelle Initiativen. Er gründete unter anderem auch ein Theater, wo sich im Laientheater besonders seine Kinder hervor taten.


 

Als gegen Ende des Jahrhunderts in den USA Bad, Wasserklosetts und fließendes Wasser in den Häusern der Mittelstandsfamilien üblich wurden, schlug Kohler's große Stunde. Um 1900 war Kohler bereits der größte Sanitär Artikel Anbieter in den USA.


 

Seine große industrielle und kulturelle Vision konnte Kohler nur noch anregen, nicht mehr verwirklichen. Einen modellhaften Industriepark zu schaffen, in dem harmonisch gelebt und gearbeitet wird, in dem die sozialen Missstände anderer Industrieregionen durch vorausschauende architektonische, sozialfürsorgliche und bildungspolitische Planung von vornherein vermieden wurden.

1899 kaufte Kohler in Bezirk Riverside ca 8,5 ha. Farmland.


Die neue Fabrik mit einigen Aussenstellen beschäftigte um die Jahrhundertwende 4000 Arbeiter und Angestellte.


 

1900 verstarb John Michael Kohler II mit 56 Jahren.


Später erhielt der rastlose Industrie Pionier von seinen Nachkommen eine Ruhebank aus Marmor.


Die vier leiblichen Geschwister hatten alle geheiratet und liegen heute in Minnesota und Oregon beerdigt.

 

Nach dem Ableben des Vater wurden die Söhne Robert J. Kohler Präsident, Walter Finanzchef und Carl Sekretär der Firma Kohler.


Nachdem die neue Eisengießerei 1901 abbrannte, wurde der Betrieb wieder ins alte Areal nach Sheboygan verlegt. Die Firma wurde neu strukturiert und nannte sich nun J.M. Kohler Sons Co.



 

Das Hauptbürogebäude. Die Strassenbahn brachte die Mitarbeiter vom 7 km entfernten Sheboygan.



 

Nach dem frühen Tod von Robert J. Kohler wurde 1905 Bruder Walter J. Kohler Präsident der Firma.


Walter J. Kohler leitete die Firma für die nächsten 35 Jahre.


 

1911 wurde die erste, in einem Stück gegossene Badewanne auf den Markt gebracht.



 

1912 erhielt die Firma den heutigen Namen: Kohler Co.

Riverside wurde nun in Kohler Village umgetauft.



Im Jahr 1913 verstarb Theresia Kohler in Minnesota.


 

Um 1914 unterhielt Kohler Verkaufsbüros in den 4 grössten Städten Amerikas und in London.


Kohler zahlte überdurchschnittliche Löhne, reduzierte die Arbeitsstunden, gab seinen Arbeitern Lebens- und Krankenversicherungen, sowie Urlaubs und Ruhestandsgeschenke.

 

1912 standen in Kohler Village 12 Bretterhäuser, eine Schule und eine 'Pest' Hütte für Kranke in Quarantäne.


Um Ordnung in das wildwachsende Kohler Village zu bringen, bereiste Kohler mit einem Architekten Europa und sah sich verschiedene Gartenanlagen an.


1916 erhielt der deutschstämmige Architekt und Stadtplaner Werner Hegemann (1881–1936) den Auftrag für den Bau der bemerkenswerten Siedlung.


1917 erstellte die Firma Olmsted Brothers von Boston einen 50 Jahre Masterplan für die Entwicklung von Kohler Village.


Der Gartenarchitekt Olmsted hat unter anderem auch den New York Central Park entworfen.



 

Die USA traten erst 1917 in den Weltkrieg ein. Bei Kohler wurde nun der Betrieb auf Rüstungsgüter umgestellt.


Die Firma erzeugte nun Anker für Landminen, Projektile und Hülsen für Bomben.



 

1918 wurde in Kohler Village der 'American Club' eröffnet. Dieses Gebäude wurde bezogen von männlichen, alleinstehenden Immigranten, die bei Kohler Arbeit fanden.




 

Im Oktober 1919 wurde der Ravine Park in Kohler eröffnet.



Gespielt hatte damals der amerikanische 'Marsch König' John Phillip Sousa mit seinem Orchester für 10.00 Zuseher und -Hörer.


Walter J. Kohler begrüßt John Phillip Sousa am Bahnhof.



Der bekannteste Marsch von John Phillip Sousa.


 

1920 wurde das Kohler Village fertig gestellt. Die Retorten-Modellstadt wurde von internationalen Architekten, Technikern, Landschaftsgestaltern und Sozialwissenschaftlern entworfen. Dieses Modell fand damals internationale Anerkennung.


Kohler Village hat eine Größe von 12 Quadratkilometern.


Die Broschüre der Firma Kohler mit ihrem neuen Dorf Kohler Village.



Bilder aus der Broschüre von 1920.



Postkarte von Kohler Village mit Fabriksgelände.



 

1920 stieg Kohler ins Motorengeschäft ein und entwarf den ersten Benzin Generator weltweit.



 

Bereits 1920 war die Firma Kohler Badzimmer-Komplettausstatter. Sie lieferte die Keramik Fliesen, Waschbecken, Badewannen, Toiletten, und sämtlich Armaturen und Accessoires. All das wurde in Eigenproduktion hergestellt.



 

1923 liess Walter J. Kohler für seine Familie das stattliche Anwesen am Riverbend bauen. Von nun an gab sich die feine Chicagoer Gesellschaft hier die Türklinke in die Hand.



Walter J. Kohler mit Gattin Charlotte.



 

1924 wurden die Kohler Stables, die später eine wichtige Zuchtstätte für Turnierpferde wurden, eröffnet.



 

1924 gründete Kohler den 'Quarter Century Club', der Mitarbeiter mit 25 Jahren Firmen-Zugehörigkeit würdigt.



 

1925 wurde das neue Hauptbürogebäude eröffnet.



 

Ab 1926 hatte man Firmentouren angeboten.


Im neuen 'Messing' Gebäude wurden ab sofort Badezimmer - und Küchenarmaturen hergestellt.


Walter J. Kohler mit seinen 3 ledig gebliebenen Schwestern im flachen Hut, Stiefmutter Wilhelmine und Gattin Charlotte.



 

Ab 1927 hatte man die Produktion mehr und mehr auf Porzellan umgestellt.



1927 war ein wichtiger Meilenstein für die Firma Kohler, als bereits emaillierte und auch Porzellan Sanitär Anlagen in Pastelltönen angeboten wurden.



 

Die drei Kohler Töchter mit Stiefmutter Wilhelmine.



1927 brachte Kohler das elektrische Waschbecken auf den Markt. Dies war der Vorgänger des Geschirrspülers.



 

Der Herausgeber der New York Times zu Besuch bei Kohler.



 

1928 ließ Walter J. Kohler einen Flugplatz in Sheboygan bauen.


Er kaufte das Schwester Flugzeug der Spirit of St. Louis, mit der Charles Lindbergh als Erster den Atlantik überquerte.


Kohler's Pilot Lt. Werner Bunge mit Walter J. Kohler.


Tatkraft, Entschlossenheit, Begonnenes auch gegen Widerstand durchzusetzen und ein gewisser Trotz war allen Kohler eigen.


Gegen härteste Widerstände der eigenen Partei erstritt Walter J. Kohler bei Obersten Gericht eine Kandidatur zur Gouverneurswahl in Wisconsin. Er gewann die Wahl wurde aber nach 2 Jahren von seiner Partei nicht wieder aufgestellt..



Der Wahlkampf fand auch in deutscher Sprache statt.



Der frischgebackene Gouverneur vor seinem Haus mit Gattin, den 3 Schwestern und Halbbruder Herbert.



Walter J. Kohler war nun unter Woche in der Bundeshauptstadt Madison.

Die Firma führte Walter J. Kohler an den Wochenenden weiter.



Hin und her geflogen wurde mit dem firmeneigenen Flugzeug.



 

1929 ließ die Familie Kohler ein Wälderhaus in Kohler Village bauen. Die Idee hatte Walter Kohler's Schwester Marie Christine Kohler, die Mitbegründerin der späteren Kohler Stiftung war. Die Kohler Stiftung ist bis heute für viele soziale, kulturelle und gesundheitsfördernde Projekte im Staate Wisconsin verantwortlich.


Für die Planung und Überwachung der Errichtung wurde der aus Au stammende Bildhauer und Architekt Kaspar Albrecht beauftragt.


Vorarlberger Tagblatt 9.11.1929


Das Wälderhaus sollte an das Gasthaus Rössle in Schoppernau erinnern, dem Elternhaus der leiblichen Mutter von Johann Michael Kohler.


Das Wälderhaus bei der Eröffnung 1931.



Kaspar Albrecht.


Kaspar Albrecht bei der Arbeit in Wisconsin.



Der Geser Kachelofen wurde im Rössle in Schoppernau abgebaut und hier wieder aufgebaut. Die Familie Kohler hatte Geld beigesteuert um das Rössle in Schoppernau in den 30er Jahren zu renovieren. Dort steht heute auch wieder ein Geser Kachelofen.




Der Veranstaltungssaal.



Die Pfadfinderinnen bei der Eröffnung.



Das Wälderhaus wurde im Juli 1931 eröffnet. Es wurde Stammhaus des Kohler Women's Club und der Pfadfinderinnen. Das Wälderhaus ist für kleinere Veranstaltungen ausgelegt.



Vorarlberger Volksblatt 21.8.1931


Die erste Weihnacht im Wälderhaus.



 

Markteinführung der Kohler Waschmaschine.



 

Die große Depression (Weltwirtschaftskrise) von 1929 bis 1941 traft auch die Firma Kohler. Kohler versuchte die Arbeiter bei niedrigerem Lohn zu halten. Dies führte bei langjährigen Mitarbeitern zu großem Unmut und der erste Streik war absehbar.


Die Familie Kohler unterstütze in Notzeiten auch ihre Verwandtschaft im Bregenzerwald.


 

Das Kohler Village zehn Jahre nach der Entstehung.



 

1933 gab es den ersten Prototyp einer Autotram. Dieser stromlinienförmige Schnellwagen mit einem Kohler Benzin Generator Antrieb sollte die Eisenbahnen ergänzen.



 

Wie das soziale Gewissen der Firma Kohler entzaubert wurde.


1933 wurde in den USA freie Gewerkschaften erlaubt.


Kohler gründete daraufhin eine Betriebsrat. Viele der Arbeiter schlossen sich an. Aber die Gewerkschaften drangen damals in die Betriebe und wiegelten die Arbeiter auf.


Bereits im Oktober 1933 versuchte die Gewerkschaft bei Kohler Kollektivverträge durchzusetzen. Die Verhandlungen mit Kohler führten ins Leere. Im Juni 1934 präsentierte die Gewerkschaft Kohler einen 14 Punkte Plan. Vier Tage später schloss Kohler das gesamte Werk. Um den 4. Juli herum (Nationalfeiertag) schloss Kohler normalerweise seine Fabriken für ein paar Tage und sponserte ein Picknick für die gesamte Belegschaft. Dieses Mal gab er aber nicht an, wenn man wieder öffnen wolle. Ein Gratis Picknick gab es vermutlich auch keines.


Walter J. Kohler wollte einfach nicht einsehen, dass sich die Belegschaft gegen ihn stellte. Seine Familie hatte den Menschen Arbeit gegeben, ihnen leistbaren Wohnraum geschaffen, Freizeitmöglichkeiten in einem sicheren Dorf angeboten usw.. Die Familie war gekränkt wie die Eltern undankbarer Kinder und persönlich beleidigt.


Walter J. Kohler betrat das Firmengelände vor den streikenden Arbeitern.




Bald schon gab es Gewalt unter den Arbeitern und Kohler Village wurde für den Verkehr gesperrt. Spezial Sheriffs wurden von Kohler bestellt, es gab Vandalismus und zuletzt 48 Verletzte und 2 Tote.

Walter Kohler war für 12 Tage in seinem Büro eingesperrt und musste von 250 Mann der Nationalgarde befreit werden.


Die Nationalgarde bewachte das Hauptgebäude.


Im September gab es dann geheime Wahlen bei Kohler und die Belegschaft sprach sich gegen die Gewerkschaft aus. Dies war natürlich ein Sieg für Kohler, zunächst.


 

Die entstandenen Schäden durch die Arbeiterunruhen wurden wieder repariert.



Das monatlich erscheinende Firmenmagazin brachte zum Streik eine Sonderausgabe heraus.



 

1934 machte Admiral Richard Byrd seine 2. Expedition an den Südpol. Mit im Gepäck hatte er 7 Strom Generatoren der Firma Kohler.


Das Telegramm an die renommierte Zeitung 'New York Times' besagte, dass die alten Kohler Generatoren der 1. Expedition vor 3 Jahren immer noch gut funktionierten.


Admiral Richard Byrd.



 

Walter J. Kohler sen. starb 1940 an plötzlichem Herzversagen.


Das alles und noch viel mehr musste er zurück lassen.