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Egger Volksfest - Mutig in die neue Zeit


„MEOR EHROD DAS AULT UND GRÜOZOD DAS NÜ, UND BLIBOD ÜS SEALB UND DOR HOAMMAD TRÜ“


Dieser Spruch, der wie kein anderer Tradition und Trend beschreibt, ist eigentlich gar keiner. Es sind vielmehr die letzten zwei Zeilen eines Gedichtes, das der Bizauer Mundartdichter Gebhard Wölfe in sieben Versen anlässlich des Volksfestes 1902 in Egg geschrieben hat.

 

Was gab es damals groß zu feiern? Ja natürlich, das Wälderbähnle wurde 1902 eröffnet. Aber warum bei uns in Egg und nicht in der Gemeinde des Zielbahnhofes, Bezau? Die Bezauer hätten mit Franz Josef Feurstein zumindest eine Stimme in der Wälderbahn Kommission gehabt. Die Egger hatten keinen Vertreter in dieser Kommission.

 

Aber die Egger hatten unter Vorsteher Landwirt Josef Anton Natter, Pfister quasi einen Grundsatzbeschluss gefasst und sich an den Baukosten der Wälderbahn beteiligt.


Vorarlberger Volksblatt 13.12.1893


Danach wurde über beinahe zehn Jahre gestritten von Bregenz bis nach Schoppernau. Das aufstrebende Bürgertum wollte die Bahn, die Bauern hatten den Boden. Der Klerus war besorgt um die Moral seiner Schäflein, wenn das Tor zur grossen, weiten Welt aufgemacht werde. Es gab immer wieder Verzögerungen beim Bahnbau. Die erste Baufirma ging bankrott, es gab Unwetter, die den Baufortschritt zunichte machten usw.



 

Egg gehörte um die Jahrhundertwende zu den aufstrebendsten Gemeinden in Vorarlberg. Man hatte eine neue Fluhbrücke, eine neue Kirche und Schule und das Zentrum nahm schon beinahe städtische Züge an. Man denke an die Brauerei, die neue Bruggmühle, das Hammerer & Kessler Fabriksgebäude (Isenberg) , die neue Villa in der Mühle, die neuen Bürgerhäuser in der Gerbe und an das neue Natterhaus neben dem Ochsen. Zudem waren damals in vielen Privathäusern, Handwerker- und kleine Industriebetriebe untergebracht. Auch die Hartnäckigkeit der Väter hatte sich bezahlt gemacht, dass bereits seit 60 Jahren die Bregenzerwaldstrasse über das Eulental nach Egg führte und durch die Anbindung des Vorderwaldes über die Gschwendtobelbrücke Egg zum Knotenpunkt machte.



Das Zentrum von Egg um 1901.


Massgeblich am Fortschritt beteiligt waren die 3 Kaspar, die alle dem liberalen Lager angehörten. Löwenwirt Johann Kaspar Simma, Kunsttischler Kaspar Ritter und Kaspar Kohler (Klölar). Dies war die neue Generation an Managern, die unsere Gemeinde mit Tatendrang, Weitsicht und Mut zum Risiko ins neue Jahrhundert begleiteten.


Die Gemeinde Egg hatte um 1900 1920 Einwohner.


Die Egger hatten mit diesem Volksfest also ganz bewußt ein Zeichen für die Zukunft setzten wollen.

 

Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang auch noch die Währungsreform, die bereits 1892 stattgefunden hatten. Der Silber-gestützte Gulden, wurde von der Gold-gestützten Krone abgelöst. Für einem Gulden gab es zwei Kronen. Das Kaiserreich hatte also eine fünfzig- prozentige Inflationskorrektur vorgenommen. Nach einer Übergangsfrist galt ab dem 1. Jänner 1900 nur noch die Krone.

 

Über die Wälderbahn Eröffnung und das Procedere des Volksfestes gibt es abweichende Angaben in Heimatbüchern und in den Aufsätzen von Werner Vogt. Nach dem Volksfest ist diese Erinnerungsschrift aufgelegt worden. Darin erzählt uns Jodok Schmid aus Egg, Gerbe (Krunoweorts Jos) im Dialekt, wie er das Volksfest erlebt hat.




 

Im Sommer 1902 wurde der Eröffnungstermin der Wälderbahn und somit auch das Volksfest mehrmals verschoben.


Feldkircher Zeitung 19.7.1902


 

Das Festkomitee.


Ausführendes Organ (heute würde man wohl Event Manager sagen) war der umtriebige Michael Moosbrugger (Bruggar Michl), Besitzer der 1898 neueröffneten Bruggmühle. Daher stammt übrigens auch der Name der Mühle.

 

Für die Finanzierung des Festes hatte man Aktien aufgelegt. Damit hatte man das Risiko und auch den Erlös geteilt.


 

Vorarlberger Volksblatt 3.9.1902


Vorarlberger Volksfreund 11.9.1902


Vorarlberger Landeszeitung 13.9.1902


Vorarlberger Volksfreund 13.9.1902


 

Am Montag, den 15. September 1902 wurde die Bregenzerwaldbahn inoffiziell eröffnet.


Innsbrucker Nachrichten 16.9.1902


 

Der Fahrplan.


Feldkircher Zeitung 17.9.1902


 

Vorarlberger Volksfreund 20.9.1902


Vorarlberger Tagblatt 20.9.1902


 

Das Volksfest stand unter keinem guten Stern. Am Samstag vor dem Fest kam der Hauptorganisator des Festes, Michael Moosbrugger in seinem Kraftwerk, das in einem Nebengebäude (der späteren Deurig-Schmiede) installiert war, auf tragische Weise ums Leben.


Innsbrucker Nachrichten 22.9.1902


Das Kraftwerk am Schmittenbach von Michael Moosbrugger, das der Bruggmühle ab Jänner 1898 elektrischen Strom lieferte. Es wurde damals an dieser Stelle errichtet, da hier etwas mehr Gefälle herrschte, als neben der Bruggmühle.

 


Die Häuser im Zentrum waren alle festlich geschmückt und das Volksfest konnte endlich beginnen.

 


Die Wälderbahn verliess Bregenz pünktlich um 7:40 Uhr mit 12 vollbesetzten Waggons. Viele mussten auf den nächsten Zug warten. Auch auf den folgenden Bahnhöfen mussten ganze Scharen von Leuten zurückbleiben.



Um 9:06 Uhr traf der erste Zug am Bahnhof in Egg ein. Die Leute begaben sich auf den Festplatz, der auf der Wiese von Vorsteher Josef Anton Natter auf dem Pfister war.

 

Nach der heiligen Messe trafen sich alle auf dem Pfister.



Das symbolische Eingangstor ins neue Jahrhundert, erbaut von Kunsttischler Kaspar Ritter.


 


Um 10:30 Uhr ging der Umzug vom Pfister ins Zentrum und dann zurück auf die Festwiese.


'Die Täfeleträger' bringen sich in Stellung.


Festobmann Kaspar Felder.


Musikverein Egg.


Die Spitze des Umzuges mit dem Landweibel, dem Musikverein Egg und den Schwedenweibern.


 


Die Schützen.


Hochzeit.


Hausindustrie im Bregenzerwald.



 



 




 



 


Auf diesem Fuhrwerk sieht man die typischen Käsebunzen, in denen der Käse bis nach Mailand transportiert wurde.



 






 


Gerichtssitzung mit Urteil durch Köpfung (symbolisch).


 





 


 

Auch am Montag war der Festplatz gut besucht.




Am Egger Volksfest nahmen insgesamt 6.000 Menschen teil.

 

Vorarlberger Landeszeitung 24.9.1902


Die Egger Bevölkerung hatte weit über die Landesgrenzen hinaus ein Zeichen gesetzt, wovon ganz besonders der aufstrebende Tourismus profitierte.

 

Der Pavillon wurde nach dem Fest vom Verschönerungsverein auf die Franz- Josefshöhe gestellt.


 

Entgegen anderslautenden Meldungen eröffneten die Geschwister Schmid (Krunoweorts) ihre Banhofsrestauration im Jahr 1903. Die Familie Schmid stammte aus dem ursprünglichen Gasthaus zur Krone am Platz (Figurenhaus). Sie war eine der wohlhabendsten Familien in der Gemeinde. Ihr Besitz im Zentrum reichte vom Figurenhaus bis zum Bahnhof.


Gasthof Ochsen, Gasthof Krone, mittig dahinter der Gasthof Sternen und dahinter das Gasthaus zur frohen Aussicht.


Dieses wunderschöne Gebäude im Backsteinkleid wurde von der Firma Johann Bertolini erstellt. Die Bahnhofrestauration hatte auch ein Lädele für Haushaltsartikel und Geschirr, sowie eine Tabak Trafik.

Erst durch die Restauration erhielt das Bahnhofsgelände seinen kosmopolitischen Charakter.


 

Das rührige Festkomitee durfte viele der uralten Trachten sowie handwerkliche und bäuerliche Gerätschaften behalten. Daraus entstand 1904 in der Schule auf dem Kirchenbühel im Obergeschoss das Heimatmuseum Egg. Es war das erste Talschaftsmuseum in Vorarlberg.

 

Das Schönste kommt wie immer zum Schluß.


Das Wölfle Gedicht in voller Länge.



 

Ich möchte mich recht herzlich bedanken bei:


der Familie Simma, Egg, Kammern für die Überlassung von Bildern und des Festprogramms zur Kopie.


Luis Weidinger, Egg, Loco für die Überlassung von Bildern zur Kopie.


Mag. Katrin Netter, Bregenzerwald Archiv für die Überlassung des Erinnerungsblattes.


Bei Andreas Hammerer, Egg, Hub für die Informationen.

 

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Klaus Riezler.


 


 
 


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