Hittisauer Wirtshausgeschichten, Teil II
Wir befinden uns wieder in Hittisau - Bolgenach um die Jahrhundertwende und sind auf der Suche nach Gasthäusern aus den Gründerjahren. In diesem Beitrag werden wir erfahren, wieviele Gasthäuser es tatsächlich einmal gegeben hat. Noch ahnte freilich niemand, dass das Kaiserreich einen Weltkrieg mit Tod und Verderben auslösen würde.

s' Beckohüsle in Bolgenach.
In Bolgenach - Reute stand schon seit 1840 eine Bäckerei mit einer Gemischtwarenhandlung. Dies war die Versorgungsstation der Älpler im Lecknertal.

Vorarlberger Volksblatt 27.4.1906

1906 verkaufte Ilg seine Bäckerei mit Handlung an Konrad Schwärzler, der zuvor die Bäckerei in der Dornbündt beim Gasthaus Tannenbaum betrieben hatte.

In dieser Bäckerei soll man im Winter den mächtigen Bernhardiner Hund vor den Schlitten gespannt und damit das Brot zugestellt haben.

Jagdgesellschaft vor dem Gasthaus zum Kreuz mit Kreuzwirt Josef Höfle (vorne sitzend).

Die Wirte, die beim Verschönerungsverein waren, haben alle ähnliche Korrespondenzkarten drucken lassen.


Albert Bechter's Frau war schon im vergangenen Jahrhundert verstorben. Er heiratete nun Christina Steurer vom Adler in Bolgenach. Aus dieser Ehe stammen die Kinder Arthur geb. 1905, Armin geb. 1906 und Maria geb. 1912. Die Kinder Ernst und Albert sind im Babyalter gestorben.

1907 verkaufte Konrad Nenning das Gasthaus Engel in Bolgenach an Waldaufseher Christian Neyer und dessen Ehefrau Elisabeth Willi.
Gasthaus zum Engel.

Christian Neyer 1881 bis 1958, war ab 1920 bis zu Eingemeindung 1938 Vorsteher in Bolgenach.

Anzahl der Gäste (nicht der Nächtigungen) im Geschäftsjahr 1905/1906
Bludenzer Anzeiger 10.7.1907


Gasthaus zum Löwen.
Katharina und Konrad Gmeiner.

Vorarlberger Volksblatt 12.7.1907

Bolgenach.

Vorarlberger Volksblatt 27.8.1907



1908 scheint der Adler am Platz in einer Zeitung erstmals als Goldener Adler auf.
Vorarlberger Landeszeitung 23.9.1908

Das grosse Feuerwehrfest in Hittisau 1908.


Das Gasthaus Schiff bekam eine Telefonstelle in Hittisau mit der Telefonnummer 1.
Vorarlberger Tagblatt 4.6.1909

Gasthaus zum Ochsen.

1909 verstarb der Gemeindevorsteher und Hotelbesitzer Dr. Konrad Dorner.
Vorarlberger Volksblatt 17.4.1910


Bis zum Verkauf hatte der Wein- und Branntweinhändler Peter Mennel das Hotel Dorner gepachtet.
Gemeindeblatt 25.12.1910

Das Hotel Dorner, Platz 189.


Bludenzer Anzeiger 27.5.1911

Ich nehme an, dass das ein Schreibfehler ist und Taube heissen soll.
Aktion des Verschönerungsvereines - die Badeanstalt.

Unten links zu sehen ist die Baustelle der Bahnhofsrestauration Lingenau/Hittisau.

Bau der Strasse von Lingenau zum Bahnhof um 1901.

Nachdem 1902 mit der Eröffnung der Wälderbahn auch die Fahrstrasse vom Bahnhof Lingenau/Hittisau nach Lingenau fertig gestellt wurde, wurde die Restauration 1911 in Betrieb genommen. Sie wurde von den Gemeinden Lingenau und Hittisau erbaut. Die erste Pächterin war die Gesellschaftsbrauerei Lingenau.

Vorarlberger Landeszeitung 28.7.1911

Das Gasthaus zum Schiff oder Gasthaus Höfle, Bolgenach, Lecknertal 173
Als Josefa Fink 1882 zu Welt kam, war das Haus 173 in Bolgenach das Gasthaus zum Schiff.
Das alte Wirtshausschild mit Boot, Weinflasche und Glas stammt noch vom Gasthaus Schiff.

Das Schild wurde in einem schneereichen Winter gestohlen.
Höflewirt Ignaz Fink (Nazes) verstarb 1909. Er war verheiratet mit Maria, geb. Sutterlütty aus Großdorf.

Josefa Fink und Josef Berkmann heirateten 1911. Seither ist das Gasthaus zum Höfle in Familienbesitz der Familie Berkmann.
Gasthaus Höfle im Lecknertal.

Im Höfle war eine sogeannte Gartenwirtschaft mit einer offenen Kegelbahn (oben links).
Um 1930 wurde die Hütte verlängert und über dem Tenn ein Tanzsaal eingerichtet. Ab sofort lud man am letzten Sonntag im August zur Kilbe.

Vorarlberger Volksblatt 28.9.1911

Bolgenach.

Innsbrucker Nachrichten 6.2.1912


Vorarlberger Landesleitung 18.3.1912


Vorarlberger Landeszeitung 12.7.1912

Vorarlberger Landeszeitung 17.7.1912


Auf Betreiben des Dekans Barnabas Fink kauften die Gemeinden Hittisau und Bolgenach zu 75 und 25 Prozent das Hotel Dorner, um es als Armenhaus zu nutzen.
Bludenzer Anzeiger 25.1.1913


Vorarlberger Landeszeitung 1.2.1913


Dr. Lipburger aus Langenegg war Vorsitzender des Vorarlberger Fremdenverkehrsverbandes und hatte keine Freude mit der Neunutzung des Hotel Dorner.
Feldkircher Anzeiger 23.4.1913

Alpengasthaus Hochhädrich, Bolgenach.
Ab 1910 waren Anselm und Maria Bilgeri geb. Dorner Besitzer der Alpe und des Gasthauses. Bis 1929 wurde das Gasthaus im Nebenerwerb als alkoholfreie Wirtschaft geführt.

Maria Bilgeri.


Vorarlberger Tagblatt 25.1.1914

Gemeindeblatt 8.2.1914

Gemeindeblatt 23.2.1914

Die Alpe Gerisgschwend 284.

Vor dem Ausbruch des Weltkrieges ist es an der Zeit eine erste Inventur der Gasthäuser zu machen.

Wie man sieht, haben die Verfasser der 'Bregenzerwälder Ansichten, Teil 2' Oliver Benvenuti und Otto Fink sehr gut recherchiert. Damit hatte die Doppelgemeinde Hittisau - Bolgenach zu dieser Zeit mit grossem Abstand die meisten Gasthäuser aller Gemeinden im Bregenzerwald.
Eigentlich wäre hier meine Frage beantwortet und mein Beitrag wäre zu Ende. Aber genau so spannend ist es, herauszufinden, wie es in Hittisau weiter ging mit dem Fremdenverkehr und den Wirtschaften.
Beginn des Weltkrieges.

Während des Weltkrieges zwischen 1915 und 1918 lag die jährliche Inflationsrate bei 84 Prozent.

Besitzverhältnisse der Schwärzlerschen Brauerei in Lingenau. (Gasthaus zur Sonne in Lingenau)
Vorarlberger Landeszeitung 6.10.1915

Kaspar Felder war Traubenwirt in Egg und hatte eine eigene Brauerei. Er wollte Teilhaber der neu eröffneten Brauerei Egg 1894 werden. Dies wurde aber abgelehnt. 1898 wurde die alte Schwärzler Brauerei in der Sonne in Lingenau versteigert. Felder aktivierte daraufhin einige Vorderwälder Wirte und dieses Gremium ersteigerte die Schwärzler Brauerei. Ziel war es, dass die Egger kein Bier im Vorderwald verkauften. Dies gelang auch einige Jahre.
Die Schwärzler Brauerei und das Gasthaus zur Sonne in Lingenau um 1900.


Vorarlberger Volksblatt 21.4.1916

Bolgenach.

Diese Rechnung zeigt, dass der Löwenwirt Konrad Gmeiner (seine Frau Katharina) zumindest Mitbesitzer des Goldenen Adlers war.

Gemeindeblatt 1.4.1918

Gasthof zur Krone.

Am 11. 11. 1918 war der Weltkrieg vorbei. Österreich gehörte zu den Verlierern. Kaiser Karl I verzichtete auf die Staatsgeschäfte, dankte aber bis zu seinem Tod 1922 nicht ab.
Am 12.11.1918 wurde die Deutschösterreichische Republik ausgerufen.
650 Jahre Habsburger Monarchie waren Geschichte.

Nach dem Weltkrieg machte sich der Großkaufmann Jodok Lässer aus Alberschwende in Hittisau breit. Lässer handelte hauptsächlich mit Vieh und Holz.
1919 kaufte er das Gasthaus zur Krone von der Familie Hagspiel. Somit ging die Ära Bechter in der Krone zu Ende.
Seine Frau Maria, geb. Schwärzler vom Bad Hohl in Lingenau war eine sehr gute Köchin und es ging wieder aufwärts in der Krone. Aus dieser Ehe gingen 13 Kinder hervor.

Nach dem Weltkrieg war die Hungersnot in Österreich gross, da die ehemaligen Monarchieländer nicht mehr lieferten.

1919 kaufte Jodok Lässer auch das Gasthaus zum Goldenen Adler nach dem Tod von Katharina Gmeiner im Jahr 1919.
Die Löwenwirtin Katharina Gmeiner.

Allgemeiner Tiroler Anzeiger 2.6.1919

Das Gasthaus blieb aber bis 1938 geschlossen.
Die Zentrumsgasthäuser.
In einer Zeile nach rechts: Krone, Goldener Adler, Löwen. Rechts davor der Hirschen und ganz hinten links das Kreuz.

Das Gasthaus zum Tannenbaum.

Die Wirtsleute Lena und Konrad Steurer.
Gasthaus zum Tannenbaum.

Vorarlberger Tagblatt 4.10.1919

Otto Reid hatte auch eine Handlung mit Farbwaren, Eisenwaren und handelte Kohlen.
1920 heiratete Anton Hagspiel Laura Fink geb. 1896 aus Andelsbuch.

Sie wurden nun die neuen Wirtsleute der alten Sonne am Rain 172.
1920, ein Jahr vor ihrem Tod, liess Maria Fink im Höfle aus dem Bildstöcklein eine Kapelle errichten. Dies war zum Dank, weil alle Söhne aus dem Weltkrieg heimkehrten.





Gasthaus zum Löwen.

Zu dieser Zeit gab es im Bregenzerwald noch keine Egerländer, Inntaler oder Oberkrainer Musik und man muss sich fragen, was man damals bei uns für 'runde Stückle' gespielt hat.
Die Kohler Musig aus Andelsbuch.
Die Brüder Josef, Xaver, Ludwig und Jakob Kohler mit Seftone Ritter und meinem Großvater Jakob Pfanner waren eine sehr bekannte Tanz Kapelle.
Sie haben zu den überlieferten ,Stückle’ (Ghörarle) Noten geschrieben. Diese wurden für die Nachwelt im ‚Schwarzo Büochle) erhalten.
So wurden Titel wie der Schönenbacher, der Kräherberger, der Holstuonar Galopp usw. in die heutige Zeit gerettet.
Die Kohler Musig 1920.

Fasching in Hittisau und Bolgenach.
Gemeindeblatt 8.1.1921

1918 verstarb Albert Bechter's zweite Frau an der spanischen Grippe. Nach dem Weltkrieg richtete Bechter in der ehemaligen Brauerei eine Gerberei ein, die er mit einem Partner als Genossenschaft betrieb. Sein Sohn Armin machte in Dornbirn eine Gerber Lehre. Als der Sohn nach der Lehre zuhause arbeiten wollte, hatte Vater Albert die Gerberei bereits wieder aufgegeben. Sohn Armin ging zurück nach Dornbirn und blieb dort ein Leben lang.
Gemeindeblatt 30.1.1921

Gemeindeblatt 21.2.1921

Tanzkapelle.
v.l.n.r. sitzend: Herburger und Hagspiel von Doren, stehend: Dorn von Riefensberg, Robert Berkmann, Karl Dorner.


1921 verstarb die Kronenwirtin Maria Lässer mit 43 Jahren. Sie war Mutter von 13 Kindern.

Vorarlberger Landeszeitung 1.7.1921

Die Kirchenglocken wurden im Weltkrieg für Kaiser und Vaterland 'gespendet'.
Glockenweihe der neuen Glocken im Winter 1922.
