Hittisauer Wirtshausgeschichten, Teil III
Viel ist passiert seit dem letzten Beitrag. Der Weltkrieg war verloren. Die Geldentwertung führte zu einer neuen Währung. Es gab viele Besitzerwechsel in der Hittisauer und Bolgenacher Gastronomie. Nun sind wir mitten in der Weltwirtschaftskrise. Ob auch die Wirtschaften in Hittisau und Bolgenach eine Krise hatten, sehen sie jetzt.

Fasching in Hittisau.
Gemeindeblatt 15.1.1933

Innsbrucker Nachrichten 20.1.1933

Gemeindeblatt 12.2.1933

Mittlerweile hatte Georg Graninger auch die Gastwirtschaft im Hirschen gepachtet.
Gemeindeblatt 19.2.1933

Gemeindeblatt 26.2.1933

Gasthaus zur Sonne.
v.l.n.r.: Anton und Konrad Eberle, Josef Fink.

Die Tausend-Mark-Sperre war eine Wirtschaftssanktion, die am 29. Mai 1933 von der deutschen Reichsregierung gegen Österreich verhängt worden war, und die am 1. Juli 1933 in Kraft trat. Deutsche Staatsbürgermussten fortan beim Grenzübertritt nach Österreich dem Deutschen Reich eine Gebühr von 1.000 Reichsmark zahlen, ausgenommen im kleinen Grenzverkehr.
Ziel war die Schwächung der österreichischen Wirtschaft, die schon zu dieser Zeit stark vom Tourismus abhängig war. Die Sperre wurde nach dem Juliabkommen vom 11. Juli 1936 wieder aufgehoben.
Das wirkliche Ziel der nazionalsozialistischen Regierung in Deutschland war es, Bundeskanzler Dollfuß zu stürzen und den Nazionalsozialismus in Österreich zu etablieren.
Gasthof Krone.
Apollonia und Walter Natter.

Gemeindeblatt 20.8.1933

Josef und Josef Berkmann.

Kronenwirt Walter Natter (links) mit Familie und Gästen.

1930 kaufte Witwe Anna (Nanni) Bechter geb. Nussbaumer (Knepplers aus Balderschwang) das Anwesen am Brand 157. Dies war das alte Gasthaus zu den drei Linden. Ihr Mann Alfred Bechter war 1915 in Sibirien gefallen.
1933 konnte Anna Bechter das angrenzende Anwesen in Sütten 121 mit dem Gasthaus zur Linde ersteigern. Sie zog nun mit ihren beiden Kindern Peter und Maria Anna nach Sütten.
Lindenwirtin Nanni Bechter geb. 1878.

Burgl Hütte auf der Alpe Güntle 302.
Hoch auf dem Bergrücken, der das Balderschwangertal vom Sibratsgfäller Gemeindegebiet trennt, befinden sich die Güntle Alpen noch auf Hittisauer Gemeindegebiet. Von Balderschwang führt mittlerweile ein Fahrweg auf die Burglhütte und von Sibratsgfäll ein Fußweg.

Das Güntle 302 gehörte der Familie Kaspar Dorner aus Hittisau, Sütten. Aus der wirtschaftlichen Not heraus fing die Tochter Walpurga (Burgl) 1933 an, die hauptsächlich aus Balderschwang kommenden Wanderer ganzjährig zu bewirten. Die Burgl Hütte war geboren.

Auch während der Tausend-Mark-Sperre ging das Geschäft munter weiter, da man es mit dem Zoll in Balderschwang nicht so genau nahm.
Der erste Eintrag im Gästebuch am 30.12.1933.

Josef und Walpurga Dorner mit Gast in der Mitte.

Fasching in Hittisau und Bolgenach.
Gemeindeblatt 21.1.1934

Gemeindeblatt 28.1.1934

Gemeindeblatt 4.2.1934

Gemeindeblatt 11.2.1934

Kirchweih 1934 mit dem Streichorchester im Kreuzsaal.

v.l.n.r.: Jodok Lässer, Armin Bechter, Hanspeter Düringer, Robert Berkmann, Eugen Loitz, Eduard Fink, Hermann Wild, Kurt Schedler.
Gemeindeblatt 14.10.1934

1934 kehrte die Familie Anton Hagspiel von Aach, Deutschland nach Hitttisau zurück. Die Landwirtschaft lief schlecht und der aufkeimende Nazionalsozialismus in Deutschland gefiel Hagspiel nicht.
Die Familie war im Gasthaus Löwen im Quartier. Nebenher baute Hagspiel ein neues Haus am Platz 346. Laut Anton Hagspiel sen. soll zu dieser Zeit im Löwen nicht gewirtet worden sein.

Viehausstellung in der Hirschenbündt.

Peter Bechter von der Linde.

Gemeindeblatt 24.2.1935

Schifflewirt Hanspeter Mennel 1854 bis 1935.

Vorarlberger Landeszeitung 12.3.1935


Gasthaus zum Tannenbaum mit Konrad Steurer.

Der Sonnewirt zu Sippersegg und Engelwirt am Platz ist verstorben.
Vorarlberger Volksbote 29.6.1935

Gasthaus zur Sonne, Sippersegg 270.

Nun hatte Sohn Josef Lipburger die Sonne in Sippersegg übernommen.
Hermine und Josef Lipburger.

1935. Fahnenweihe der Bürgermusik Hittisau - Bolgenach vor dem ehemaligen Hotel Dorner.

Die Festjungfern.

An der Eingangstüre des ehemaligen Hotel Dorner ist das Erbauungsjahr 1898 zu sehen.
Fahnenweihe mit Fahnengottle Angelika Neyer aus Basen.

1934 kaufte der aus Schwarzenberg stammende Metzgermeister Josef Anton Denz das Gasthaus Ochsen in Heideggen. Seine Frau war Rosa, geb. Fuchs. Seftone Denz betrieb eine Metzgerei in Lingenau und eröffnete eine Verkaufsfiliale im Ochsen in Hittisau.
Am 12. Juli 1935 brach in der Toilette im Gasthaus Ochsen ein Feuer aus. Josef Anton Denz hatte kurz zuvor die Feuerversicherung gekündigt und war auf dem Weg nach Bregenz, eine neue Versicherung abzuschliessen. Unterwegs traf er einen Bekannten und kam zu spät zu seinem Termin. Als er wieder nach Hittisau kam, war der Ochsen bereits ein Raub der Flammen. Denz bekam damals kein Geld von der Versicherung.
Innsbrucker Nachrichten 13.7.1935

Der neue Ochsen in Heideggen der Familie Denz nach dem Brand , wieder mit einem Metzgerei Verkaufslokal.

Die Situation während der Tausend-Mark-Sperre.
Vorarlberger Landeszeitung 30.7.1935

Alpengasthaus Hochhädrich.

Die peinlich genaue Buchhaltung von Maria Bilgeri.

Gemeindeblatt 26.1.1936

Adler Bolgenach Wirt Martin Franz mit zahmem Hirsch im Lecknertal.

Nach dem Ableben von Josef Lipburger meldete seine Frau Maria (Mie) Lipburger das Gewerbe an und war nun Engelwirtin am Platz.
Gemeindeblatt 17.3.1936

Gasthaus Engel am Platz.

Die Engelwirtin am Platz Maria Lipburger.

Die Fronleichnamsprozession vor dem Gasthof Krone.

Die Hittisauer Trachtengruppe mit Lindenwirts Peter 2. Reihe rechts.

Gemeindeblatt 16.8.1936



Gasthaus zur Linde. Bei rechten Doppelspänner ist Konrad Schwarz (Vater von Altbürgermeister Konrad Schwarz) Fuhrmann.

Fasching in Hittisau.
Gemeindeblatt 10.1.1937

Gemeindeblatt 24.1.1937

Freiwillige Feuerwehr, Haus Platz 179.


Fasching in Hittisau.
Gemeindeblatt 20.2.1938

Gemeindeblatt 20.2.1938

Gemeindeblatt 27.2.1938

Anschluss an das Deutsche Reich am 12.3.1938: Einmarsch in Dornbirn


Hitler holt sich nachträglich die Legitimation für den Einmarsch in Österreich

Nach einem verlorenen Weltkrieg, Tod, Hunger, zwei Geldentwertungen, einer unsicheren politischen Lage im Ständestaat, einer zehn Jahre andauernden Weltwirtschaftskrise hatten die Leute ganz einfach nichts mehr zu verlieren. Es konnte nur noch besser werden, glaubte man.

Damit lagen beide Gemeinden im Vorarlberger Durchschnitt.

1936 übernahm Sohn Othmar Lässer von seinem Vater den Goldenen Adler. Beim Einmarsch der deutschen Truppen wurde der Goldene Adler am 11.3.1938 wieder geöffnet. Er diente auch den KdF (Kraft durch Freude) Gästen bis 1941 als Feriendomizil.
KdF war eine Unterorganisation der deutschen Arbeiterfront. Mit dem Amt für Reisen, Wandern und Urlaub war KdF der größte Reiseveranstalter in der Zeit des Nationalsozialismus.

1941 fand ein Umbau im Goldenen Adler statt und man konnte nun mehr Fremdenzimmer anbieten.


Musterung Jahrgang 1916
Links Bürgermeister und Engelwirt von Bolgenach Christian Neyer und rechts Bürgermeister von Hittisau Leopold Nenning.

Gasthaus Höfle.

Vorarlberger Tagblatt 9.8.1938

Das RAD (Reichsarbeitsdienst) Lager in Hochstig für den weiblichen Arbeitsdienst.

1938 hatten die Nationalsozialisten nach dem sogenannten „Anschluss Österreichs“ nicht lange gefackelt und schon im September 1938 mehrere Gemeindezusammenlegungen verfügt: Lochau, Eichenberg, Kennelbach und Fluh waren Bregenz eingemeindet worden; Höchst, Gaißau und Fußach waren zur neuen Gemeinde Rheinau zusammengeschlossen worden. Reuthe wurde an Bezau angeschlossen, Stallehr an Bludenz und Bolgenach an Hittisau.

Vorarlberger Tagblatt 9.7.1938


Die Hirschenwirtin verstarb mit 42 Jahren.
Vorarlberger Tagblatt 20.9.1938


Gasthaus zum Löwen.
Ludwig Gmeiner mit Gattin Maria geb. Wild und den Kindern Edwin und Maria.


Vorarlberger Tagblatt 19.10.1938


Vorarlberger Tagblatt 23.11.1938

Es ist schon bemerkenswert, wie schnell das Gemeindeblatt das Schriftbild den Alt-germanischen Runen angepasst hat.
Fasching in Hittisau.
Gemeindeblatt 9.1.1939


Gemeindeblatt 22.1.1939

Gemeindeblatt 12.2.1939

Gemeindeblatt 12.2.1939

Bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges am 1.9.1939 hatten die Nazionalsozialisten ehrgeizige Pläne. Sportstätten zur körperlichen Ertüchtigung wurden im Bregenzerwald geplant und zum Teil auch errichtet.
Die Gemeinde Hittisau plante bereits 1939 am heutigen Standort des Schwimmbades neben dem Haus von Schifflewirts Konrad ein Schwimmbad zu bauen. Als ehemaliger Pächter des Gasthaus Engel wollte er nun die Konzession auf sein Haus übertragen und dort die Badegäste bewirten.
Leider kam es nicht dazu, da der 2. Weltkrieg dazwischen kam.

Josef Lipburger in der Engelbündt am Platz.